Der Begründer der Marburger Schule, Hermann Cohen, greift das Problem der Wissenschaft sein ganzes Leben lang auf, wobei er den Transzendentalismus Kants zum Ausgangpunkt macht, als er 1871 das Buch Kants Theorie der Erfahrung herausgab. Das Schicksal des Buches fällt mit Cohens Grundproblem zusammen, nämlich der Notwendigkeit der ständigen Entwicklung des Denkens, die dazu führt, dass er das Werk 1885 zum zweiten Mal veröffentlicht und 1918 – im Jahr von Cohens Tod – das Buch zum dritten Mal erscheint.
Das Bewusstsein der Evolution des Denkens Cohens erfordert das Aufzeigen der nächsten Schritte auf dem Weg zum Verständnis der Philosophie im Geiste eines entschlossenen Antipsychologismus. Von Anfang an greift Cohen das Problem der Wissenschaft auf und wendet sich in aufeinander folgenden Arbeiten weiteren wichtigen Themen zu. In diesem Zusammenhang können wir über zwei Phasen der Philosophie von Cohen sprechen, der sich zunächst auf Kant bezieht und dann ein eigenes philosophisches System aufbaut. Für die erste Phase von Cohens Philosophie spielen die Arbeiten Kants Begründung der Ethik (1877) und Das Prinzip der Infinitesimal-Methode und seiner Geschichte. Ein Kapitel zur Grundlegung der Erkenntniskritik (1883) eine herausragende Rolle. Charakteristisch für diese Phase sind die Überlegungen zum Philosophiesystem, das im Sinne des transzendentalen Idealismus verstanden wird.
Die zweite Phase beginnt 1902 mit der Veröffentlichung von Logik der reinen Erkenntnis. Cohen organisiert seine Reflexionen, die dem System gewidmet sind, im Geiste des radikalen Antipsychologismus, und Kant wird hier im Licht dieser neuen Perspektiwe gelesen.