Diese Arbeit versucht, phänomenologisches (philosophisch-anthropologisches), evolutionstheoretisch-»materialistisches« und in gewissem Maße auch strukturell-genetisches Denken zu verbinden. So kann in ihr die Aussage Lévi-Strauss", daß zu den »structures fondamentales de l"esprit humain« »l"exigence de la Règle comme Règle« gehöre (Les structures élementaires de la parenté, S. 108) durchaus übernommen werden. Die Begriffe »Dissoziation« bei Max Scheler, »Entlastung« bei Gehlen und »exzentrische Positionalität« bei Plessner können zurückhaltend gebraucht und eingeordnet werden. Entscheidend wird aber das Phänomen »Distanz«, und zwar »Distanz zur alten Natur«. Diese Realisierung von Distanz, die Distanzierung vom körperlichen Anpassungsdruck, ist ein dialektischer Prozeß, in dem — wie von Marx immer wieder unterstrichen — der gesamte Naturzusammenhang selbstverständlich nicht durchbrochen wird, da er nicht durchbrochen werden kann: der Mensch bleibt ein Naturwesen; aber das reale Verhältnis zur zwingenden Natur und deren Interpretation verändern sich kategorial. So bedeutet »Distanzierung« zugleich Entfremdung des Naturwesens Mensch (besser: Vor-Mensch) vom alten Milieu, Hemmen der alten, inhaltlich leitenden Instinkte und deren Überlagerung durch den nur noch formal geleiteten Intellekt; gleichzeitig erfolgt aber auch eine — primäre — Verdinglichung von Naturdingen zu »Gegenständen«, die nun eine neue Befreundung möglich macht — eine Kategorie, die, wie erwähnt, Gehlen zu sehr vernachlässigt hat. Man kann auch sagen, daß der mit der Insulation in neue Innenklimata freigesetzte Antrieb als »Antriebsüberschuß« sich kompensatorisch einer neu zu schaffenden Welt — neue Naturinterpretation eingeschlossen — zuwenden kann.