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Künstliche Paradiese Exorbitanz und die Normalität der Grenzüberschreitung
pp. 96-105
Abstract
Für das realistische Bewußtsein vom In-der-Welt-Sein ist Paradies per se exorbitant: ‚gewaltig", ‚enorm", außerhalb des eigenen (menschlichen) Wirkungsbereichs, jenseits des Natürlich-Seienden liegend — eine künstliche Welt. Der biblische Mythos berichtet, daß der Ursprung des Menschen, da war er freilich noch nicht Mensch als geschichtliches Wesen, in dieser künstlichen Welt lag, eben im Paradies. Vor allem Adam als tumber Tor fühlte sich dort besonders wohl. Eva macht dies e contrario deutlich, denn sie (nicht er) will, daß ihre Augen aufgetan werden und sie dann wie Gott wissen, was gut und böse sei. Bewußtloses Glück ist bei ihr nicht mehr gefragt. "Und das Weib schaute an, daß von dem Baum gut zu essen wäre und daß er lieblich anzusehen und ein lustiger Baum wäre, weil er klug machte; und sie nahm von der Frucht und aß und gab ihrem Mann auch davon, und er aß." Eva ahnt bei ihrem moderaten Experimentum medietatis — sie will sich zwar nicht anstelle Gottes in die Mitte rücken, wohl aber ihm, was das Wissen vom Guten und Schlechten betrifft, ebenbürtig werden —, bei ihrem Versuch, Subjekt zu werden, wohl noch nicht, daß sie damit, zusammen mit Adam, zu unglücklichem Bewußtsein verdammt wird.
Publication details
Published in:
Baacke Dieter, Röll Franz Josef (1995) Weltbilder Wahrnehmung Wirklichkeit: Bildung als ästhetischer Lernprozeß. Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.
Pages: 96-105
DOI: 10.1007/978-3-663-11825-1_5
Full citation:
Glaser Hermann (1995) „Künstliche Paradiese Exorbitanz und die Normalität der Grenzüberschreitung“, In: D. Baacke & F. Röll (Hrsg.), Weltbilder Wahrnehmung Wirklichkeit, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, 96–105.