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221032

Die Antinomien

Hans Heinz Holz

pp. 269-279

Abstract

Wenn es das Programm der Kritik der reinen Vernunft war, die ontologische Theorie der Gegenstände in eine kritische Theorie der Erkenntniskonstitution aufzulösen, die sich an der Analytik des Verstandes orientiert, dann mussten die Grenzen der endlichen Verstandestätigkeit zum Kriterium der Erkenntnisfähigkeit werden und alle darüber hinausreichenden Meinungen aus dem Bereich fundierbarer Erkenntnisinhalte herausfallen. Es war die befreiende Wirkung der Vernunftkritik, dass die theoretische Philosophie mit einem Schlage aus den Fesseln religiöser Bindungen und theologischer Doktrinen gelöst wurde. Transzendente Glaubensgegenstände und transzendentale Theologoumena hatten in einer am Massstab der Wissenschaftlichkeit gemessenen Erkenntnis keinen Platz mehr. Wie auch immer Kants Systematik der Verstandes- und Vernunftkritik die Legitimität religiöser Überzeugungen zu restituieren unternahm (was ein hier nicht belangvoller Aspekt ist), aus der wissenschaftlichen Forschung waren sie ein für allemal verbannt. Den von Descartes eingeleiteten Prozess, in dem die Philosophie ihre vollständige Autonomie erlangte und die Wissenschaften zum Leitfaden der Lebensgestaltung wurden, hat Kant zu Ende geführt. Das macht seine herausragende Stellung in der Philosophie- und Geistesgeschichte der Neuzeit aus.

Publication details

Published in:

Holz Hans Heinz (1998) Einheit und Widerspruch II: Problemgeschichte der Dialektik in der Neuzeit. Pluralität und Einheit. Stuttgart, Metzler.

Pages: 269-279

DOI: 10.1007/978-3-476-03707-7_12

Full citation:

Holz Hans Heinz (1998) Die Antinomien, In: Einheit und Widerspruch II, Stuttgart, Metzler, 269–279.