In den folgenden Zeilen sollen einige Bedenken erörtert werden, welche sich mir bei der Lectüre von Ostwald's "Vorlesungen über Naturphilosophie" aufgedrängt haben, und über welche ich gern in einer oder der anderen Weise aufgeklärt werden möchte. Diese Bedenken beziehen sich ausschliefslich auf die logischen und erkenntnifstheoretischen Grundlagen des Ostwald'schen Systems, also auf die Frage nach der Zulässigkeit naturwissenschaftlicher Hypothesen im Allgemeinen und "mechanischer Hypothesen für nichtmechanische Dinge". insbesondere; die andere Frage, ob und inwiefern die zur Zeit gangbaren mechanischen Hypothesen ihrer Aufgabe gewachsen sind, betrachte ich als eine innere Angelegenheit der Naturwissenschaft, in welche sich die Philosophie nicht zu mischen hat. Diese beschränktere Fragestellung scheint mir auch der Haupttendenz des Ostwald'schen Buches im Wesentlichen zu entsprechen: denn obgleich in diesem Buche die Kritik einzelner naturwissenschaftlicher Hypothesen ebensowenig wie in den früheren Veröffentlichungen des Verfassers fehlt, wird doch überall auf die allgemeine Forderung einer "hypothesenfreien Naturforschung". der letzte Nachdruck gelegt. Und schliefslich scheint es mir auch auf die Berechtigung dieser allgemeinen Forderung mehr als auf diejenige jener speciellen Kritiken anzukommen: die letzteren könnten durchwegs richtig sein, ohne dafs darum die Wissenschaft auf ihrem Wege umzukehren brauchte; müfste dagegen die Richtigkeit der ersteren zugestanden werden, so hätte sich die Naturforschung der Zukunft auf ganz andere Ziele zu richten, als ihr bis dahin allgemein als die erstrebenswertesten erschienen sind.