Repository | Book | Chapter
Mythos USA
Die Bedeutung des Arguments "Amerika" im hochschulpolitischen Diskurs der Bundesrepublik
pp. 118-136
Abstract
Dass ein junges Politikfeld wie die Wissenschaftspolitik stabile diskurs- und handlungsleitende Mythen hervorbringt, ist nicht nur nicht überraschend: Es ist bereits Gegenstand der politischen Diskussionen selbst geworden. Wenn ein deutscher Kultusminister — wie kürzlich geschehen — gegen die Ersetzung des deutschen Diplomgrades durch international verbreitete Bachelor-und Masterabschlüsse Stellung bezieht und in diesem Zusammenhang mit Amtsautorität und Emphase vor einer "Amerikanisierung" der deutschen Hochschulen warnt,1 wird das in mehrfacher Hinsicht deutlich. Denn er unterstellt, dass diejenigen, die den in angloamerikanischen Ländern üblichen Studienabschlüssen das Wort reden, einem vereinfachenden kollektiven Leitbild, eben einem Mythos, folgen, der vernünftiger Überprüfung nicht standhält. Umgekehrt wehren sich die so als Imitatoren gescholtenen Befürworter einer Studienreform, dass der Vorwurf der "Amerikanisierung" eine beabsichtigte Simplifizierung darstellt, die weder ihre Motive noch die zu erwartenden Effekte angemessen beschreibt und außerdem bestimmten Mythen der deutschen Universitätstradition folgt. Die Vorhaltung, einem Mythos nachzuhängen, gerät auf diese Weise selbst unter Mythologieverdacht, und die politische Auseinandersetzung vollzieht sich entlang unterschiedlicher kultureller Leitbilder, die nicht nur durch Argumente, sondern auch durch Emotionen getragen werden.
Publication details
Published in:
Schimank Uwe (2001) Die Krise der Universitäten. Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.
Pages: 118-136
DOI: 10.1007/978-3-663-12044-5_6
Full citation:
Stucke Andreas (2001) „Mythos USA: Die Bedeutung des Arguments "Amerika" im hochschulpolitischen Diskurs der Bundesrepublik“, In: U. Schimank (Hrsg.), Die Krise der Universitäten, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, 118–136.